Die schnelle Totalöffnung der Schulen ist unfair gegenüber den Eltern und den Einrichtungen
„Die Gerichtsentscheidung, wonach es Eltern freigestellt bleibt, ihre Kinder in die Grundschule zu schicken oder sie zu Hause zu unterrichten, war absehbar und kann zur Entspannung der Situation beitragen. Allerdings gilt das nur für Eltern, die weiterhin die Möglichkeit haben, ihre Kinder zu Hause zu unterrichten.
Alle anderen, die zur Arbeit müssen oder aus anderen Gründen eine Betreuung organisieren müssen, stehen vor einer schweren Entscheidung. Sollen die Kinder in die Einrichtung gehen, wo sie ein größeres Risiko haben als zuhause, das Virus mitzubringen? Oder sollen sie jetzt oder später zu den Großeltern, die so womöglich gefährdet werden? Schicke ich sie in die Schule und erhöhe so den Aufwand für das Personal? Ist es gut, wenn die Lehrkräfte zusätzlich noch Kinder aus der Ferne unterrichten müssen? Nach welchen Kriterien soll ich entscheiden? Das Handeln der Staatsregierung ist auch unfair gegenüber den Schulen selbst, die jetzt weitgehend alleine zusehen müssen, wie sie mit der Situation zurechtkommen.
Ich bleibe dabei: Eine schrittweise Öffnung wäre besser und würde auch die Verantwortlichen in den Schulen sowie die Lehrkräfte entlasten. Sie hätten mehr Zeit und bessere Möglichkeiten, mit kleineren Gruppen zu arbeiten, in unterschiedlichen Räumen, an unterschiedlichen Tagen, weiter im Mix aus Präsenz und Heimunterricht. Es ließe sich organisieren und bliebe nicht Appellen überlassen, dass nur jene Kinder die Schule geschickt werden, bei denen es nicht anders geht. Stattdessen kommt morgen der große Sprung ins kalte Wasser, in der trügerischen Hoffnung, die Klassen voneinander getrennt halten zu können. Hoffentlich geht das gut und trägt nicht dazu bei, dass die zweite Welle der Pandemie größer wird als die erste.“